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Tawisuplepa_mRechsteiner

 

 

 

Ein dokumentarischer Bild-Essay durch Georgien mit Gesprächen über die Kunst

TAWISUPLEBA is a documentary essay with talks about art in the Georgian Republic.

 

38 min. | 2007 | D und E

 

REGIE FOTOGRAFIE MONTAGE TON Monika Rechsteiner
TONMISCHUNG Jochen Jezussek

SPRECHER,-INNEN Nino Sekhniashvili, Sopo Tabatadze, Nadia Tsulukidze, Maka Batiashvili, Giorgi Kevle, Mamuka Japaridze,
Guram Tsikakhashvili, Nino Tchogoshvili, Micha Wiederhold

KUNSTVIDEOS <Georgian Anthem> von Khinkali Juice | <just give me your lastname> <Schluss mit der Kunst> von Nino Sekhniashvili

 

Premiere an den 43. Solothurner Filmtagen, Jan. 2008

 

 

Was geht hier vor? Landschaften ziehen vorbei. Reglose Menschen stehen darin. Details werden heran gezoomt. Doch schon beim Schwenk zurück ist alles anders. Wo sich das Kurzzeitgedächtnis einen Busch merkte, steht jetzt ein Plattenbau aus Sowjet-Zeiten. Man fühlt sich betrogen, denkt an Fiktion. Irgendwann schöpft man Verdacht, durchschaut das Spiel, ohne je ganz sicher zu sein. In Wahrheit ist nur die Kamera fiktiv, die Aufnahmen sind real, aber computeranimiert. Monika Rechsteiner gelingt das Kunststück, das Rad der Geschichte zurück - und gleichzeitig vorwärts zu drehen. ______ [Philippe Reichen, Appenzeller Zeitung, Feb. 08]

 

Die zu einem tastenden Film montierten Fotografien, Kunstvideos von georgischen Künstlern und Zitate geben ein eindringliches Bild zur Gegenwart Georgiens. Unterschiedliche, kulturell engagierte Leute reflektieren Kunst, Politik und Gesellschaft in einem Land im Transformationsprozess. In betonter Langsamkeit zwischen dem Bedürfnis nach Innehalten und Bewegung bekommt in <TAWISUPLEBA> das Land inhaltliche Schärfe in der Zerrissenheit und ein poetisch verdichtetes Profil, worin Bauruinen ebenso Platz haben wie Wünsche und Träume.
Die Ruinenbilder bekommen eine Geschichte; zum Beispiel die Zerstörung eines Kulturzentrums, oder die klammheimliche Etablierung eines nationalistischen Monuments (als Kunst) auf dem Freiheitsplatz der Hauptstadt Tbilisi. Der Essay trägt den Titel der georgischen Nationalhymne: TAWISUPLEBA. Auch sie spielt im Film eine Rolle.________________ [Isabel Zürch [Ursula Badrutt-Schoch]

 

Photographs, art videos and quotations from Georgian artists are juxtaposed to create a film, which gives a vivid picture of present day Georgia. Various culturally active individuals reflect on art, politics and society in a country undergoing transformation, leaving the impression of a land fluctua-ting between a desire for stability and movement. This is intensified by an intentionally slow montage, which in addition brings a degree of clarity to the confusion in Georgia. TAWISUPLEBA has a dense and poetic profile where even ruins have a place beside wishes and dreams.
The images of ruins outline a story of the destruction of a cultural center and clandestine political plans to establish a national monument as a work of art in the capitol Tbilisi’s - ‘Freedom Square’.
The essay is calm and yet at the same time it is a sharp critique. The title, TAWISUPLEBA originates from the Georgian national anthem and it too plays a role within the film.

 

> TAWISUPLEBA Filmauschnitt spielen | play movie extract

 

Tawisupleba_mRechsteiner

 

Prof. Helmut Hartwig zum Film TAWISUPLEBA

Die gleichmäßig gleitende Langsamkeit über dem zähen Maschinengeräusch, mit der die Kamera über Fotografien einer Ruinenlandschaft fährt, löscht jede Initiative aus dem Blick und alle Unterschiede aus den Objekten, die vorüberziehen. (Das Rad der Geschichte...) Dann aber werden einzelne Statements gesprochen. Sie treten auf, und zwischen ihnen geschieht nichts. Unberührt von den Texten wälzt sich die ausgestorbene Architektur unter der Bewegung von Kamera und Geräusch weiter.

Erst langsam tut sich etwas zwischen den gesprochenen Texten, baut sich etwas auf. Eine thematische Textur: Sätze zum Leben in diesem Land, zur Politik, zur Kultur und dann zu Einzelheiten von Kunst und zur Volkskunst (von einzelnen Menschen über Ruinenbildern gesprochen). Die Ruinenbilder bekommen eine Geschichte, und irgendwann scheint es sich dann um die Geschichte der Orte, Gebäude, Situationen zu handeln, über die sich die blicklose Bewegung der Kamera wälzt. (Der Kampf um ein schönes Gebäude. Bögen halten den Blick – und es könnte sein, dass (später) die Ruine des Gebäudes zu sehen sind.) Einzelne Ereignisse kommen näher, erscheinen als Erfahrungen der SprecherInnen: zum Beispiel die Zerstörung eines Kulturzentrums (der leere Ort wird umzäunt); die klammheimliche Etablierung eines nationalistischen Monuments (als Kunst) auf dem Freiheitsplatz der Hauptstadt...

Zunehmend werden die gesprochenen Texte schärfer: inhaltlich und lautlich, zuerst als Straßenmusik-Performance (die Nationalhymne: TAWISUPLEBA wird von drei Frauen zersungen); und dann als dramatische Oper. Eine Sprecherin (die Künstlerin Nino Sekhniashvili) konzentriert die vorbereitete Textur zu einem Diskurs über die Möglichkeit und Aktualität von Kunst in Georgien und findet zuletzt die Personen, die ihm ihre schrillen Stimmen leihen. Sie gehören Sängerinnen, Sopranistinnen der Tifliser Oper. In ihnen überleben (bewußtlos?) die Möglichkeiten eines dramatischen (tragischen) Gesangs, während sie als Frauen auf ein besseres, erfolgreiches, normales Leben aus sind.

Wenn zum Schluß die georgische Opernsängerin in einem einmontierten Video den (deutschen) Text „Schluß mit der Kunst“ singt, hört sich das an, als fände der gezeigte Mangel wieder Möglichkeiten seines Ausdrucks – als Kunst.

 

 

 

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